Neues Schloss Tettnang, Wohnung des Kameralverwalters, heute Audienzzimmer des Grafen

die Speisekammer auf der KirchenemporeDas Schloss im 19. und 20. Jahrhundert

Die Nutzungen des Schlosses vom beginnenden 19. Jahrhundert bis heute sind vielfältig: Verwaltungssitz und Gewerbeverein, Finanzamt und Ortskommandantur der französischen Militärregierung, Landratsamt und Amtsgericht sowie schließlich Schlossmuseum.

Bildnis von Graf Franz Xaver von Montfort, von Angelika Kauffmann um 1760

Der letzte regierende Graf von Montfort auf einem Gemälde von Angelika Kauffmann.

Montfort geht – Österreich kommt

Graf Franz Xaver von Montfort (1722 - 1780) war 1780 endgültig bankrott und trat seine Grafschaft an Österreich, seinen Hauptgläubiger, ab. Die neuen Herrscher gestatteten dem Grafen, die Ausstattung des Schlosses - mit Ausnahme des Inventars der Schlosskapelle - zu veräußern: So verkaufte er alles, was sich transportieren ließ, von den Möbeln über die Gemälde bis hin zu den Wandteppichen und Seidentapeten. Das leere Schloss wurde noch 1780 Sitz eines „Kaiserlichen Oberamtes“. Die Schlosskapelle wurde säkularisiert und als Remise genutzt.

Unter Bayrischer Flagge

Mit dem Ende des Heiligen Römischen Reiches fällt Tettnang 1806 an das neu gegründete Königreich Bayern. Im Schloss wird ein „königlich-bayerisches Landgericht“ eingerichtet mit zwei Wohnungen  in der Beletage: eine für den „Landrichter“ und eine für den „Rentbeamten“ (Finanzbeamten). Doch die Bayern hatten nicht lange Freude an ihrem Sitz: Schon 1811 wurde Tettnang württembergisch.

Neues Schloss Tettnang, Karte von 1871

Das Neue Schloss Tettnang im Jahre 1871.

Krankenhaus für 774 Mann

Die württembergischen Beamten und Kanzleien mussten den Verwundeten des Feldzuges gegen Napoleon weichen. Die Belegung des Schlosses als Lazarett dauerte von Anfang April bis August 1814. Auf dem Höhepunkt der Belegung lagen 774 Mann im Erdgeschoss, in der Beletage, im Obergeschoss, in den Gängen und sogar auf dem Dach. Die etwa 300 Toten wurden in einem Massengrab am Gebhardsberg südwestlich von Tettnang beigesetzt. Zwei Kriegsveteranen stifteten dort einen Gedenkstein.

Neues Schloss Tettnang, Plan um 1893

In vier Wohnungen wurde die Beletage aufgeteilt, die sich jeweils um einen Kabinettsturm gruppierten. Der Zugang erfolgte über die vier Treppenhäuser.

Amtszimmer und Wohnungen für Beamte

Nach der Nutzung als Lazarett wurde das Schloss grundlegend renoviert. Um die weitere Nutzung kam es zu Streitigkeiten, in deren Verlauf der Kameralverwalter (Finanzbeamter) und der Oberamtmann (Landrat) eigenmächtig in die Beletage des Schlosses einzogen. 1822 erhielten sie die offizielle Zuweisung, mussten aber dem Oberamtsrichter und dem Oberförster Zimmer abtreten: Die Beletage wurde somit in vier Wohnungen unterteilt. Die Wohnung des Oberförsters wurde 1860 vom evangelischen Pfarrer übernommen. Er ließ 1863 auf der Empore der Schlosskapelle eine Speisekammern einbauen. Das Erdgeschoss wurde in dieser Zeit unterschiedlich genutzt. Hier befanden sich die Räume des Finanzamtes, des Amtsgerichtes und der Polizei, später des Kreisbauamtes sowie Wohnungen für Bedienstete. Das zweite Obergeschoss diente vor allem als Lagerraum für Hopfen, Holz, Torf und alles Mögliche. Während des Zweiten Weltkrieges wurde es kurzzeitig an die Rüstungsindustrie vermietet.

Neues Schloss Tettnang, Schlosskapelle

Die große Apsis der Schlosskapelle unterstreicht den besonderen Flair als lichtdurchfluteter Rokoko-Raum.

von Bombardierungen verschont

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden das Schloss und seine drei Stockwerke von 1945 bis 1947 von der französischen Besatzungsmacht für ein Forschungsinstitut beschlagnahmt. Nur der evangelische Pfarrer durfte bleiben, musste aber zwei Zimmer abgeben. Nach 1947 wurden die Räume nach und nach in Amtsgerichts-, Schulamts- und Notariatsräume umgewandelt. Ab 1955 begann das Land Baden-Württemberg mit dem Ausbau des Schlosses: Unter anderem erfolgte die Restaurierung der Schlosskapelle. In einem zweiten Ausbauprogramm wurde im zweiten Obergeschoss Verwaltungsräume eingerichtet, die die Restaurierung der Repräsentationsräume im ersten Obergeschoss ermöglichten. Die Eröffnung als Schlossmuseum fand 1979 statt.

Ein neuer Farbton als krönender Abschluss

Weitere Ausbauprogramme folgten: Der Schlosspark wurde neu gestaltet und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Der große Saal im zweiten Obergeschoss wurde als „Rittersaal“ für öffentliche Veranstaltungen hergerichtet. Die Barrierefreiheit wurde verbessert, der Dachstuhl saniert und die Fenster erneuert. Im Jahr 2018 konnte das bislang letzte Ausbauprogramm abgeschlossen werden. Als krönender Abschluss erfolgte die Fassadensanierung mit einem neuen Anstrich: Der barocke Schlossbau mit seinen vier Ecktürmen erhielt auf der Grundlage restauratorischer und gutachterlicher Untersuchungen ein fein nuanciertes Erscheinungsbild in hellem Goldocker, das sich am Zustand vergangener Jahrhunderte orientiert.

Neues Schloss Tettnang
Schloss Schönbrunn

Die Grafen von Montfort hatten sich bei der Farbgebung ihres Schlosses in Tettnang an das Wiener Schloss Schönbrunn angelehnt, dem kulturellen und politischen Mittelpunkt des Habsburgerreiches.

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